Schattenwelten Lyrik

 

Schattenwelt

Ich kann nicht schwimmen,
denn ich bin schwerer als die Wirklichkeit.
Doch ich selber bin die ganze Wirklichkeit,
Mein eigenes Gewicht zieht mich in mich selbst hinunter.
Ich stürze in die kalte, bodenlose Unendlichkeit des inneren Nichts.
Jedes kleinste Geräusch ist eine Ankündigung tödlicher metallisch schmeckender Qualen.
Jeder Lichtblitz zerreißt den inneren Zusammenhalt.
Ich bin in mich selbst verstülpt, umgestülpt,
das Innere dem Äußeren preisgegeben.
Schutzlos.
Wehrlos.
Sinnlos.
Zehntausend Gedanken denken sich selber,
strudeln farblos davon,
versinken in zähem Nebel,
Gedankenschleier,
Wolken aus Gefühlen,
gleichzeitig,
alles gleichzeitig.
Liebe, Hass, Ekel, Angst, Gier, Hunger,
Durst und in all der Leere berstend vor sehnsüchtiger Verzweiflung und Überfülle.
Das Herz wummert träge im Schädel anstatt in der Brust,
Und das Hirn ist auf den ganzen Körper verteilt.
Irgend etwas greift nach mir,
Irgend etwas ruft,
Irgend etwas unsichtbares, unaussprechliches wartet in der Dunkelheit darauf, mich zu verschlingen...
Warten.
Ich kann nur warten,
Während ich mühsam den Brei atme,
Der irgendwann einmal Luft war,
Und etwas mich hinunterzieht,
schneller, immer schneller,
Bis ich aufschlage auf dem nicht vorhandenen Grund meiner Seele.

 

 

Wirklichkeit?
    ...ein Versuch

ES zu sehen
ES zu spüren
Jeglicher Beschreibung ES fröhlich spottet!
Hilflos sitzt der Dichter da,
mit freudvoller Verzweiflung.
Jeder Versuch Worte zu finden:
zum Scheitern verurteilt ist er
- wunderbares Scheitern -
Tränen unfassbaren Glücks!
Was wäre ES denn wohl,
wenn ein Mensch dafür Worte fände?
Und doch - ein Versuch:
In sich gewunden
zurückgefaltet auf sich selbst
tausend Ebenen die sich bedingen,
sich selbst hervorbringen und vernichten
verdreht-
verschnörkelt-
symmetrisch -
rund und bunt,
hell und dunkel und
eckig zugleich,
ähnlich sich selbst
aber völlig anders;
fraktale Gedanken,
einsames Treiben in der Quantensee,
und doch: verbunden sind sie mit jedem einzelnen
ASPEKT des allumfassenden Weges des Seins.
Das Kleine und das Große sind eins.
Links wird rechts und
tatsächlich: seitwärts IST geradeaus!
Wer hätte das gedacht!
Welch gewaltige, welch wunderbare Macht,
die nicht denkt,
die absichtslos lenkt,
und uns dabei ständig reich beschenkt.
Ohne zu tun bleibt nichts ungetan.
Sagte der Alte,
und er hatte recht.
Es ist alles, ALLES absolut echt!
Und die Dinge geschehen
auch wenn wir sie nicht sehen,
sie geschehen einfach so.
Der stille, der unbekannte Weise
zieht seine Kreise
in den Grenzen des
endlosen Weges.
Die Schranken der
Täglichkeit gelten nicht für ihn.
Wunschlos wandelt er
jenseits des Habens
am warmen Strand
des Seins,
dessen milde Wellen seine Knöchel umspülen.
Dabei denkt er
„vielleicht“,
und schmunzelt dabei,
„wird heute wieder ein Tag wie morgen.“
 

 

Geld Welt

Etwas zerreißt mich
von Innen her.
Lähmung,
Bewegungslosigkeit,
Die Augen aufgerissen,
Verengt die Arterien des Hirns.
Nach Luft dürstend rasend-rennend-fallend-stolpernd ohne zu atmen...
Schmerzende Herzen starren hinaus in die schwirrende, quirlende
Sinnlosigkeit dieser farbenfrohen,
fordernden, waidwunden Welt.

 

 

Gezeiten

Drüben in der Traumwelt bereiten sich die Lebenden vor.
Noch hat der Cybermönch keinen Grund schon zu erwachen.
Doch ändern sich die Gezeiten,
dann blutet der Herr des Todes aus tausend Wunden,
während er seine klebrigen Münzen zählt und
der Buddhahund um jene trauert, die des Sehens nicht fähig sind.

 

 

Unser Bestes

Ich sehe hinaus, und was ich sehe ist gut.
Doch vertraut mir nicht, denn ich bin blind vor Wut.
Und vor lauter Liebe zu dieser Welt...
Was ich hasse, ist nur das Geld.
Übrig bleibt, was keiner will
und die, die Leben, ohne „Stil“
die scheinbar nichts wissen, nichts können und wollen
und nicht verstehen, weshalb sie ständig was sollen.
Macht doch davon kein Aufhebens,
daß ihr Sklaven seid,
daß ihr Maschinen seid,
daß ihr Konsumenten seid.
Seid nicht müde des Lebens.
Es gibt genügend für alle!
Genug Platz in der Konsumentenfalle!
Arbeitet und produziert!
Macht Umsatz! Konsumiert!
Und sonst gar nichts. Bitte, ja?
Freßt Scheiße, denn Milliarden Fliegen können sich nicht irren! Niemals!
Seid still und dumm, oder bringt euch lieber um.
Das wäre nett und kokett und völlig akzeptabel.
Der Tod als Lösung ist doch recht passabel.
Soilent Green.
Wir bringen Euch hin.
Und später rein ins Altenheim
und laßt ja das Leben sein
und das Denken sowieso
haut bitte ab ins Nirgendwo.
Wir machen Euch auch einen guten Preis
und liefern dafür jeden Scheiß
den ihr wollt,
wollen sollt -
Auch für die Reise
und die Götterspeise.
Wir wollen, daß ihr lebt
Und uns Euer Bestes gebt.
Wir wollen, daß Ihr krank seid, unglücklich und dick
denn das kostet Geld, und nur Geld ist schick.

 

 

Winter Physik

(Aus Rabenwelt)

Die Tage werden kürzer
Die Nächte werden länger
Denn:
Der Erde Achse ist geneigt
Das Drehmoment bleibt erhalten.

Kepler ahnte es - und Newton wußte.

Es ist
logisch, physikalisch,
geometrisch, mathematisch...

Ich jedoch brülle „Zur Hölle damit!“

denn

Die Luft schmeckt nach frostigen Diamanten,
und
Die Sonne gießt Strahlen aus flüssigem Feuer
über eine endlose Traumwelt aus Schnee...

 

 

Reise

Der Teich dort -
er glänzt in den Strahlen
der Morgensonne.
Grün wärmt sich der Frosch
und unsichtbare Wolken jagen
über den fernen Horizont.

Die Seerosen -
sie sehnen sich nach dem Licht.
Schon in der Früh streichen Strahlen
über das Wasser. Einfach so.

Und am Ufer, der biegsame Schilf,
geduldig schützt er die sanften Blüten
vor dem Wind.

Wohin die Reise
letztlich geht,
das können wir
kaum ahnen.
Zumindest eines ist
jedoch gewiß:
Langweilig wird sie nie!

 

 

 

Gründelei

Für das Atmen muß es einen Grund geben!
Für die Bäume muß es einen Grund geben!
Für die Fische im Wasser muß es einen Grund geben!
Es muß einen Grund geben für das Wasser selbst und,
einen Grund muß es geben für die Luft!

Für zig milliarden Menschen muß es einen Grund geben!
Für den Regen muß es einen Grund geben!
Für die Stürme über dem Meer muß es einen Grund geben!
Es muß einen Grund geben für die Erde sogar und
einen Grund muß es geben, für die Sonne und ihr Licht!

Für das Kinderlachen muß es einen Grund geben!
Für das Trillern der Vögel vor meinem Fenster im Frühling muß einen Grund geben!
Für den Gesang des Buckelwals muß es einen Grund geben!
Es muß einen Grund geben auch für das Leiden -
einen Grund muß es geben für Bosheit, Gier und Schmerz.

Muß es das?

 

 

Zeitkind

Und die Zeit,
sie verrinnt,
oder wächst sie?
Und wird mehr,
wie ein Kind,
das Erwachsen wird;
plötzlich ist sie verschwunden,
und steht doch vor Dir,
in aller Konsequenz,
als etwas ganz anderes,
scheinbar,
das uns verändert hat und
uns die Rechnung präsentiert,
für das was wir taten,
und mehr noch vielleicht,
für das, was wir nicht taten,
denn nicht einmal Zeit ist kostenlos.
Sie kostet unser ganzes Leben...

 

 

 

Unsichtbare Tradition
(c) 2000 by Stefan Thiesen

Japanische Taxifahrer träumen in den nächtlichen Wellen vor Hawaii. Geld kümmert sie nicht trotz allem, was geschah. Doch sie wissen wohl - du machst keine Scherze! Es ist kein großes Geheimnis, daß du die Welt hättest ändern können...doch wieso sollte man es tun, nur weil man es tun kann?

Die jungen Herren waten durch die flachen Wasser deines Verstandes, einzig, um der Freude des Schmerzes nachzuspüren. Gerne würden Sie tanzen, doch du gehst fort, wissend, daß es keine Träume mehr geben wird.

Es gibt eine Zeit, die Feder zu ergreifen, um zu schreiben, zu leben ohne Hoffnung, und einzugestehen, was du getan hast, und was nicht. Niemand kann Dinge erklären, die des Nachts unsichtbar in der Dunkelheit kollidieren. Vernichtung. Es kommt zu mir die Einsicht, in einer Art Traum, daß selbst Schmerzen einst ein Ende finden.

Setz dich zu mir ans Feuer, du Schwachkopf! Und sei es nur aus Tradition. Unsere Silhouetten vor dem Sonnenuntergang, schwer geht der Atem, und wir sehen sie. Die kleinen, grünen Dämonen sind nicht mehr wichtig, denn wir wissen längst, es gibt keinen Grund zum Weitermachen.

Jetzt, im Mondlicht, steigt Nebel vom Boden auf, und du läßt deinen Widerstand endgültig ziehen, freiwillig, ohne Schmerz. Einst war ich ein Experte für das, was in den Träumen kam, doch glaube ich nicht, daß ich der Erste war, der ES gesehen hat.

Dennoch hoffe ich, niemals die Sonne sinken zu sehen, ohne ein Vielleicht von Tränen, niemals zu glauben, nichts könne sich jemals ändern, oder daß am Ende auch ich töte und Blut vergieße und Schlachten und Jagd als Sport genieße. Niemals zuvor sah ich meine verlorenen Träume als Splitter auf dem Boden, nie verstand ich die Gründe dafür, doch am Morgen nach dem Mond kam das bleischwere Begreifen, daß sie auferstehen können, zusammengefügt, in einer größeren, einer anderen, in einer heute noch unsichtbaren Form...

 

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Stefan Thiesen Werner Str. 203
59379 Selm
02592-977124

"He who is ashamed of simple clothes and food is not yet ready to have a say..."

"Wer sich einfacher Kleidung und Nahrung schämt, der ist noch nicht bereit, um mitzureden." (Konfuzius)

"Almost anything can be tolerated - except intolerance"

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